Engagement und Herzenswärme –
ein Nachruf auf Heinrich Brühne
Am 14. Juni 2014 verstarb nach schwerer Krankheit Heinrich Brühne im Alter von 66 Jahren in seinem Haus am Möhnesee.
Aufgewachsen in Westfalen, fiel Heinrich Brühne nach dem frühen Tod seines Vaters bereits mit 21 Jahren die Verantwortung für ein bedeutendes Unternehmen zu. Er meisterte diese Herausforderung mit Bravour, auch wenn dies den Verzicht auf sehr viele Privilegien seiner Altersgenossen wie Studium oder Reisen bedeutete.
Verantwortung zu übernehmen war für Heinrich Brühne seitdem immer eine Selbstverständlichkeit, es war wie ein roter Faden in seinem Leben. Einerseits als erfolgreicher Unternehmer, der zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen erfuhr, der aber trotzdem immer geerdet blieb, was sich nicht zuletzt darin äußerte, dass er seinen Mitarbeitern immer größten Respekt zollte und sie am Unternehmenserfolg beteiligte. Neben dem Unternehmen war die Jagd Brühnes große Passion.
Das jagdliche Handwerk erlernte der junge Heinrich Brühne im väterlichen Revier im Arnsberger Wald. Persönlich habe ich ihn immer als einen passionierten, waidgerechten Jäger alter Schule erlebt, für den Jagen ohne die Liebe zum Tier und der Natur undenkbar war, und der sich zu jeder Zeit seiner großen Verantwortung gegenüber der Natur und dem Wild bewusst war.
Brühne wirkte im Vorstand verschiedener Organisationen zum Wohle der Umwelt, der Natur und des Wildes. Er unterstützte wildbiologische Forschungsarbeiten schon vor mehr als dreißig Jahren. Seine Reviere im Arnsberger Wald lagen im Gebiet des größten deutschen Sikawildvorkommens. Heinrich Brühne sah darin ganz selbstverständlich eine Verpflichtung, sich nicht nur der Jagd auf diese Wildart zu widmen, sondern sich auch fachlich in die Internationale Arbeitsgemeinschaft Sikawild ebenso wie in die Rotwildhegegemeinschaft Arnsberger Wald einzubringen, die er acht Jahre lang leitete. Nicht zuletzt durch seinen Einfluss entwickelte sich die Arbeitsgemeinschaft Sikawild zu einer kompetenten Gruppe von Fachleuten aus Praxis und Wissenschaft, welche sich auf nationalem ebenso wie internationalem Gebiet einen sehr guten Ruf erwarb und auch in kritischen Fragen nie den Dialog mit der Wissenschaft, etwa dem Arbeitskreis Wildbiologie an der Universität Gießen, vernachlässigte.
Als junger Wildtiergenetiker aus Göttingen traf ich Heinrich Brühne in den späten 1980er Jahren zum ersten Mal im Rahmen meiner Untersuchungen zum Rot- und Sikawild. Auf Anhieb beeindruckte mich damals seine offene, bodenständige, unprätentiöse Art ebenso wie seine Aufgeschlossenheit gegenüber wissenschaftlichen Fragestellungen, ungeachtet dessen, ob diese letztlich traditionelle jagdliche Positionen bestätigen oder widerlegen.
Brühne wusste, dass ohne den Dialog mit der Wissenschaft, ohne die vorbehaltlose, kritische und teilweise auch kontroverse Auseinandersetzung von Jägern und jagdlichen Organisationen mit unabhängigen Wildbiologen und Jagdwissenschaftlern die Jagd in unserer Gesellschaft keine Zukunft haben wird.
Heinrich Brühne hat den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen immer und in jeder Hinsicht als Verpflichtung empfunden. Als Unternehmer bewies er von Beginn an, dass der kluge und nachhaltige Umgang mit natürlichen Ressourcen auch ökonomisch der richtige Weg war. Als Privatmann setzte er sich unter anderem im C.I.C., in der Schutzgemeinschaft Deutsches Wild oder im Vorstand des Aldo-Leopold-Forums für Umweltethik für einen weisen, verantwortungsvollen Umgang mit Natur und Umwelt ein. Dabei blieb er stets angenehm sachorientiert und mied jegliche Ideologie.
So lagen Heinrich Brühne auch nicht allein das Wild, sondern ebenso der Wald und das Miteinander von Wald und Wild stets am Herzen. Dem Fonds für Umweltstudien, vielen besser bekannt als FUST Tirol widmete er sich seit 1994 als Förderer ebenso wie als Mitglied und Vorstand unterschiedlicher Gremien mit Hingabe und Begeisterung. Ihm war immer klar, dass es galt, Wege zu finden, welche die Bedürfnisse der Menschen ebenso berücksichtigen wie diejenigen des Wildes. Durch das beispielhafte Engagement Brühnes und seiner Mitstreiter im FUST Tirol wurden einzigartige, über Jahrzehnte reichende und bis heute hochaktuelle wissenschaftliche Untersuchungen ermöglicht, welche uns Wege zu einem Miteinander von Wald und Wild, von Forst- und Landwirten, von Jägern und Touristen aufzeigen.
Heinrich Brühne wirkte zeitlebens lieber im Hintergrund als im Licht der Öffentlichkeit, er wollte nie der Wichtigste, der Größte, der Engagierteste sein. Anders als manch anderer war er mehr stiller Förderer als öffentlicher Sponsor. Er äußerte seine Meinung leise, doch er äußerte sie aufrichtig, und was er sagte, hatte Substanz. Er wollte nie everybody´s darling sein, doch hinter seinem Rücken hörte man fast ausnahmslos nur Gutes über ihn. Menschen, die ihn nicht kannten, unterschätzten ihn gerne. Und dennoch, oder gerade deshalb, ist es Heinrich Brühne gelungen, was sich viele von uns wünschen: er die Welt ein Stück besser hinterlassen, als er sie vorgefunden hat. Dafür sind wir ihm dankbar.
Als ich Heinrich Brühne zuletzt besuchte, wenige Tage vor seinem Tod, war er von schwerer Krankheit gezeichnet. Doch wenn er lächelte, war es immer noch dieses milde, aufrichtige, vielsagende Lächeln, das ich von ihm kannte.
Heinrich Brühne war als Mensch zurückhaltend, ja fast scheu. Wenn er jedoch Vertrauen gefasst hatte, spürte jeder seine vorbehaltlose Herzlichkeit und Wärme, seinen leisen Charme und seinen tiefgründigen Humor. Dann konnte er einen Raum ausfüllen mit Energie und Optimismus, mit Leben und mit Lebensfreude. Er wird uns fehlen.
Sven Herzog
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